Das Forstunternehmen SCA plant die Abholzung von Hunderten von Hektar natürlicher Wälder mit hohem Naturschutzwert im Regierungsbezirk Västernorrland in Schweden. Die NGOs Schütze den Wald und Schwedischer Naturschutzverein (SSNC) haben die Wälder untersucht und 70 auf der Roten Liste stehende Arten gefunden. Die beiden NGOs fordern, dass die Abholzungspläne zurückgezogen werden: „Diese Wälder gehören zu den letzten verbliebenen Naturwäldern Nordwesteuropas und sollten geschützt und nicht abgeholzt werden“, reklamierte der Waldbiologe Sebastian Kirppu.

Während einer Forschungsreise im Jahr 2022, die von den Organisationen Schütze den Wald und SSNC initiiert wurde, untersuchten 40 Teilnehmer 12 bewaldete Gebiete im Regierungsbezirk Västernorrland. Für acht dieser 12 Gebiete lagen Rodungsmeldungen der FSC-zertifizierten Forstunternehmen SCA und Sveaskog sowie der schwedischen Kirche vor. Die Auswertungen der Forschungsreise ergaben, dass alle untersuchten Gebiete dauerhaft und gesetzlich geschützt werden sollten. Seit der Forschungsexkursion haben das staatliche Holzunternehmen Sveaskog und die schwedische Kirche, die beide Abholzungen in diesen Wäldern geplant hatten, ihre Abholzungspläne zurückgezogen, aber Rodungsmeldungen von SCA bleiben weiterhin bestehen. Sebastian Kirppu, Waldbiologe von der Organisation Schütze den Wald, hat sich dazu dahingehend geäußert:
„FSC-zertifizierte Holzunternehmen und die schwedische Kirche behaupten, dass sie die Wälder nachhaltig bewirtschaften, aber das ist eine völlige Illusion. Die Wahrheit ist, dass sie Wälder abholzen und Ökosysteme zerstören. Diese Wälder gehören zu den letzten verbliebenen Naturwäldern in Nordwesteuropa und sollten geschützt und nicht abgeholzt werden.“

In der Forschungsexkursionswoche wurden insgesamt fast 2 400 Funde naturschutzrelevanter Arten an das schwedische Artenbeobachtungssystem gemeldet. Darunter befanden sich 70 Arten, die auf der Roten Liste stehen. Der seltene, vom Aussterben bedrohte Baumpilz Resinoporia crassa (CR) gehörte zu den bemerkenswertesten Entdeckungen. Er wurde in einem 200 Hektar großen älteren Wald am Vargtjärnen in der Gemeinde Ånge gefunden, der von dem FSC-zertifizierten Holzunternehmen SCA abgeholzt werden soll. Beispiele für andere Arten sind der stark gefährdete Baumpilz Neoantrodia infirma (EN), der Trauerspanner (Baptria tibiale) (EN), die gefährdeten Baumpilze Braunfleckender Saftporling (Amylocystis lapponica) (VU) und Hydnellum gracilipes (VU). Außerdem wurden das gefiederte Neckermoos (Neckera pennata) (VU), die Orchidee Kriechendes Netzblatt (Goodyera repens) (VU) und mehrere Beobachtungen von Dreizehenspechten (NT) gemeldet.

Sebastian Kirppu erklärt hierzu:
„Biologische Vielfalt, wie in diesen Wäldern, ist die Grundlage für alle Lebewesen, auch für uns Menschen. Die Abholzung dieser Wälder ist daher sowohl für die biologische Vielfalt als auch für das Klima eine Katastrophe. Als EU-Mitglied sollte Schweden ein Vorbild für den Artenschutz sein, anstatt den derzeitigen Weg der destruktiven Forstwirtschaft fortzusetzen.“
SCA ist der größte private Waldbesitzer im Regierungsbezirk Västernorrland, sowohl in Schweden als auch in Europa. Sveaskog ist ein staatliches schwedisches Holzeinschlagsunternehmen. Beide Unternehmen sind FSC-zertifiziert, ein Zertifizierungssystem, das eine nachhaltige Forstwirtschaft garantieren soll. Nach dem FSC-Standard sollten bedrohte Arten und ihre Lebensräume als Schlüsselgebiete der biologischen Vielfalt geschützt und somit von forstwirtschaftlichen Tätigkeiten ausgenommen werden. Trotzdem meldeten SCA und Sveaskog Rodungsmeldungen in Wäldern an, die offensichtlich als Lebensräume mit Schlüsselfunktion gelten. Nach Protesten der NGOs hat Sveaskog nun seine Abholzungspläne zurückgezogen.
Die Wälder im Besitz der schwedischen Kirche sind nach PEFC zertifiziert. Der schwedische Naturschutzverein (SSNC) weist auf die „sehr vagen Prinzipien und Kriterien der Zertifizierung hin, die viel zu viel Raum für Interpretationen lassen“ (Sveriges Natur 2011). Im Zuge der Forschungsexkursion wurden auch in einem Wald, der der schwedischen Kirche gehört, hohe Schutzwerte gefunden. Allerdings plant die Kirche nun, den Wald von der Abholzung auszunehmen.
Das Team der Forschungsreise hat Beschwerden beim FSC eingelgt, weil in den zur Abholzung angemeldeten Waldgebieten nachweislich hohe Schutzwerte vorhanden sind. Die schwedische Forstbehörde und die Bezirksverwaltung Västernorrland wurden informiert. SCA hat die Rodungsmeldungen für einige Gebiete zurückgezogen, während andere Meldungen weiterhin bestehen bleiben.
Lesen Sie den Bericht über die Forschungsexkursion (2022) hier (Zusammenfassung auf Englisch).
Read more (in English):
SCA plans to clear-cut 200 hectares forest with very high conservation values at Vargtjärnen
Kontakt
Sebastian Kirppu, Forstbiologe, + 46 70 308 19 84, sebastian.kirppu(@)gmail.com